2007 produzierte Adam Curtis für die BBC die dreiteilige Dokumentations-Reihe “The Trap“, deren erster Teil “F**k You Buddie” den Einfluss der sogenannten Spieltheorie auf die Entstehung des modernen kapitalistischen Menschenbildes beschreibt, wonach das egoistische Vorteilsstreben des Einzelnen gesamtgesellschaftlich zu mehr Wohlstand führen soll. Es ist von John Forbes Nash die Rede, dessen paranoides Misstrauen gegenüber anderen Menschen zur Entwicklung der spieltheoretischen Grundlagen beitrug, und der in der RAND Corporation seine Ideen in den Dienst der Strategien des Kalten Kriegs stellte (Nashs Leben wurde in “A Beautiful Mind” verfilmt). Es wird der Einfluss Friedrich Hayeks auf das aktuelle neoliberale Weltbild beschrieben, das staatliche Eingriffe und Regulierungen ablehnt und die Gesellschaft in einem durch natürlichen Egoismus erzeugten Gleichgewicht sieht. Liest man die Synopsis von “F**k You Buddie” oder schaut sich die Dokumentation von Adam Curtis an, so drängen sich erstaunliche Parallelen zu den Argumenten auf, die Frank Schirrmacher in seinem neuen Buch “Ego: Das Spiel des Lebens” anführt.
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Ich habe das Buch nicht gelesen – es erscheint erst morgen -, aber es verspricht, einige wichtige Gedanken anzustoßen. Im Kern geht es um eine mathematisch modellierte Gesellschaft, in der sich die Macht von demokratisch legitimierten Regierungen in Richtung eines Informationskapitalismus verschiebt, der ideologisch in den egoistischen Spieltheorien des Kalten Krieges verwurzelt ist. Paradigmatisch hierfür steht der algorithmische Hochgeschwindigkeitshandel des Finanzmarkts, für dessen volkswirtschaftliche Schäden die Steuerzahler aufkommen müssen.
So steil die Thesen von Adam Curtis auch sind, so liefern sie doch attraktives Gedanken- und Augenfutter. “All Watched Over By Machines Of Loving Grace” verdanke ich zum Beispiel ein Zitat von Carmen Hermosillo aus dem Jahr 1994, die unter dem Pseudonym Humdog in Chatrooms und Internetforen postete und mit dem Text “pandora’s vox: on community in cyberspace“ die damals einsetzende Kommerzialisierung der Online-Kommunikation anprangerte. Ihre Beschreibung des “Zur-Ware-Werdens” persönlicher Daten und der Entstehung neuer Hierarchien durch die Informationsansammlung in den Händen weniger monopolistischer IT-Unternehmen liest sich heute so aktuell wie vor 19 Jahren und fügt sich sicherlich nahtlos in Frank Schirrmachers aktuelles Buch:
i have seen many people spill their guts on-line, and i did so myself until, at last, i began to see that i had commodified myself. commodification means that you turn something into a product which has a money-value. i created my interior thoughts as a means of production for the corporation that owned the board i was posting to, and that commodity was being sold to other commodity/consumer entities as entertainment. that means that i sold my soul like a tennis shoe and i derived no profit from the sale of my soul.